Ein Projekt gegen Geschlechterungleichheit im Job

Stereotype können zur Reduktion von Komplexität beitragen - manchmal behindern sie uns aber auch. (Foto: Alejandro Escamilla / Unsplash)
Stereotype können zur Reduktion von Komplexität beitragen – manchmal behindern sie uns aber auch. (Foto: Alejandro Escamilla / Unsplash)

Viele Frauen scheitern mit ihrer Karriere auch an unbewussten Vorurteilen im Kopf von Personalern und anderen Entscheidern. Das will das Frauennetzwerk BPW nun zusammen mit mittelständischen Unternehmen ändern. „Strukturwandelorientierte Personal­Strategie“, kurz SWOPS, heißt das Projekt – erste Ergebnisse gibt es schon.

Sheryl Sandbergs “Lean In” war die Aufforderung an Frauen, sich reinzuhängen wie Männer das tun. Dann würde es schon mit der Karriere klappen, ist Sandberg überzeugt. Doch das ist nur die eine Seite – die andere Seite ist, dass Frauen im Laufe ihrer Karriere nur allzu oft systematisch ausgebremst werden. Denn auch wenn sie sich reinhängen, ändert das nichts an dem, was sie am Arbeitsplatz vorfinden. “First you lean in, then you give up” heißt es deshalb pointiert in einem Text von “The Nation”.

Frauen wollen führen, genauso wie Männer. Doch irgendwo auf ihrem Karriereweg gehen sie verloren, weil sie aufgeben. “The Nation”-Autorin Bryce Covert führt das vor allem auf den “strukturellen Sexismus” zurück, dem Frauen am Arbeitsplatz begegnen. Erfolgreich sein zu wollen, schickt sich für eine Frau nicht – was einem Mann als Führungsstärke ausgelegt wird, gilt bei einer Frau schnell als herrisch und rechthaberisch. Irgendwann geben die Frauen ihre Führungsambitionen dann auf, weil sie sich in dieser Rolle nicht wohlfühlen und sie wenig Früchte trägt.

Unbewusste Rollenzuschreibungen spielen oft eine große Rolle

Diese Analyse ist nicht neu, doch sie ist aktueller denn je. Es gibt bereits eine ganze Reihe an Studien, die sich mit solchen Vorurteilen beschäftigen. Im Personalwesen wird so etwas auch “unconscious bias” genannt, unbewusste Stereotype, die im Kontakt mit Personen aktiviert werden – denn wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Egal ob es um Beförderungen, Gehaltsanpassungen oder die Leistungsbeurteilung im Jahresgespräch geht, unbewusste Rollenzuschreibungen spielen noch viel zu oft eine große Rolle. Stichwort “mommy tax”: Wenn Frauen Mutter werden und weiterhin arbeiten gehen, sinken ihre Gehälter und Honorare. Dahinter steht unter anderem die (unbewusste) Annahme, dass sie nicht mehr so leistungsfähig im Job sind, wenn sie ein Kind zu versorgen haben.


Dies ist ein Stück, das für das Projekt „BizzMiss“ entstanden ist – ein Online-Magazin, das ich im Jahr 2014 mit drei Mitstreiterinnen gründete. BizzMiss gibt es mittlerweile nicht mehr. Hier habe ich notiert, warum das gut ist.


Wer Frauen an der Spitze haben will, muss sich also überlisten. Sich solche Stereotype bewusst zu machen, ist dabei ein erster Schritt. An dieser Stelle setzt das Projekt “SWOPS” des BPW Berlin an, dem Berliner Club des internationalen Frauennetzwerkes BPW. SWOPS steht für “Strukturwandelorientierte Personal­Strategie”. Denn „gute Gesetze allein können den Frauenanteil in Führungspositionen nicht erhöhen“, sagt Henrike von Platen, Präsidentin des Vereins Business and Professional Women Germany (BPW Germany). Mit SWOPS sollen die Faktoren identifiziert werden, die Entscheider – also Führungskräfte oder Personalverantwortliche  – daran hindern, Frauen und Männern gleiche Chancen zu eröffnen.

Mit SWOPS den Wandel noch während der Projektlaufzeit anschieben

Und das sogar länderübergreifend: Jeweils vier mittelständische Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Schweden haben sich bereit erklärt, ihre Strukturen in der Personalstrategie und dem Personalmanagement vom SWOPS-Team untersuchen zu lassen. Daraus soll dann ein Handlungsleitfaden entstehen, der Personalern an die Hand gegeben werden kann. Allen 16 Unternehmen ist gemein, dass sie einen Mangel an Fach- und Führungskräften haben. Sie wollen mit Hilfe von SWOPS den Wandel noch während der Projektlaufzeit anschieben.

Insgesamt zwei Jahre soll das Projekt laufen, im kommenden Sommer sollen die Ergebnisse präsentiert werden. Schon jetzt zeigen die ersten Ergebnisse deutlich, dass Frauen tatsächlich weniger Chancen haben – besonders in traditionell geführten Familienunternehmen ist das auffällig. Oftmals haben die Personaler zu wenig Macht oder bekommen unklare Anweisungen. Teilweise fehlen auch Organigramme gänzlich, die helfen, Zuständigkeiten zu definieren.

SWOPS soll helfen, die Kommunikation zwischen dem Management und der Belegschaft zu verbessern und Verantwortlichkeiten zu klären. “Für den Erfolg ist aber das Commitment der Führung unerlässlich”, sagt Cornelia F. Krämer, erste Vorsitzende des BPW Club Berlin und SWOPS-Projektmanagerin. Frauen dieselben Chance wie Männer einzuräumen, ist also zuerst ein Führungsthema: Es braucht eine Führung, die diese Ungleichheit ernsthaft als Problem anerkennt und die Änderungen, die notwendig sind, entschlossen von oben nach unten durchsetzt – und immer wieder kontrolliert, ob das gelungen ist. Und vor allem muss sie bereit sein, Macht abzugeben. Zum Beispiel an die Personalabteilung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert