Es sind bestimmte Fähigkeiten, die Frauen in Aufsichtsräten brauchen. Zwei Frauen erzählen, wie sie in den Aufsichtsrat kamen und worauf es da ankommt. Spoiler: Wissen über die Materie steht nicht an erster Stelle.
Wenn ein Aufsichtsratposten an eine Frau herangetragen wird, fragt sie: „Was muss ich da machen?“, wenn ein solcher Posten an einen Mann herangetragen wird, fragt er: „Wieviel bekomme ich dafür?“ – eine Erfahrung, die Astrid Hollmann immer wieder gemacht hat. Sie sitzt aufrecht auf der Ledercouch im Erzähl-Salon an der Schönhauser Allee, gelegentlich streicht sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr, und erzählt von ihrem Weg in den Aufsichtsrat des DBB-Verlages. Und dieser Weg begann mit einem „Kann die das überhaupt?“. „Die Frage, wie fähig ein Aufsichtsrat ist, führen wir doch erst so richtig, seit Frauen in die Aufsichtsräte drängen“, sagt Lene König und lächelt. Sie sitzt neben Hollman und ist im Aufsichtsrat der Weiberwirtschaft, einem Gründerinnenzentrum in Berlin.
Eingelesen wie ein Berserker
Beide Frauen sind vom Women’s Boardway eingeladen worden, um von ihrem Werdegang zu erzählen. Women’s Boardway will Frauen in Führungspositionen bringen und sie fit für Aufgaben wie die in Aufsichtsräten machen. Hollmann ist eine selbstbewusste Frau, die ihren Weg gegangen ist, all den Zweiflern entgegen. Und die sich hart erarbeitet hat, dort auf der dunklen Couch zu sitzen und davon erzählen zu können. „Ich habe mich in das Thema eingelesen wie ein Berserker“, sagt sie. „Und je mehr ich wusste, umso mehr fiel mir auf, wie wenig Ahnung andere haben.“ Sie lacht leise. König sagt: „Ich weiß auch nicht genau, um welche meiner Qualifikationen es ging, als der Posten an mich herangetragen wurde.“ Ihre Mentorin war Vorgängerin in dem Aufsichtsrat, sie kannte König, traute es ihr zu und fragte sie schließlich.
„Bilanzen lesen, das kann man lernen“, meint Hollmann. „Vor allem geht es im Aufsichtsrat aber darum, zu begreifen, wie der Laden läuft.“ Da reicht angelesenes Wissen lange nicht aus. „Man braucht informelles Wissen“, meint sie. Als sie frisch im Aufsichtsrat saß, hatte sie einen Mentor, der ihr Verbündeter wurde und sie mit genau diesem Wissen versorgte.
Keine Skrupel beim Netzwerken
Beide Frauen sind sich einig, dass Frauen für die Arbeit in Aufsichtsräten vor allem zwei Dinge lernen müssen:
1. Sie sollten bewusst netzwerken und keine Scheu davor haben, gezielt auf Menschen zuzugehen, wenn sie ihnen nützlich sein könnten. Frauen haben bei solchem strategischem Netzwerken oft Skrupel, hat Hollmann beobachtet. „Aber diese Arbeit ist ein stetiges sich Bewerben“, sagt sie. „Man muss sich immer wieder ins Gespräch bringen.“
2. Frauen sollten lernen, sich zu präsentieren. Zu Beginn ihrer Führungstätigkeit wurde Hollmann auf Veranstaltungen oft gar nicht begrüßt, weil die anwesenden Männer einfach davon ausgingen, sie sei die Sekretärin. Diese Zeiten sind lange zwar vorbei, doch bis heute nimmt sie jede Veranstaltung, auf die sie geht, wie ein kleines Bewerbungsgespräch. Sie bringt sich ins Gespräch und redet mit: „Ich musste lernen, wenn es sein muss, auch zu reden, wenn schon alles gesagt war.“
Frauen tun Aufsichtsräten gut, auch da sind sich Hollmann und König einig. Und Frauen in Aufsichtsräten tun auch Frauen gut: „Frauen brauchen Vorbilder“, sagt König. „Dann trauen sie sich auch.“