Ihr Olivenöl gilt als eines der besten in Frankreich: Valérie Reboul Schneider lebt mit ihrem Mann in einem jahrhundertealten Schloss, die beiden produzieren Wein und Öl. Wie das geht, hat sie sich selbst beigebracht – und bereiste halb Europa dafür.
Goldgelb schwappt das Olivenöl in der kleinen Flasche. Auf dem Etikett ist in dünnen schwarzen Strichen ein herrschaftliches französisches Haus abgebildet: das Château d’Estoublon, gelegen in der französischen Provence, erbaut im 15. Jahrhundert. Hier lebt Valérie Reboul Schneider.
Dies ist ein Stück, das für das Projekt „BizzMiss“ entstanden ist – ein Online-Magazin, das ich im Jahr 2014 mit drei Mitstreiterinnen gründete. BizzMiss gibt es mittlerweile nicht mehr. Hier habe ich notiert, warum das gut ist.
Ihr Vater hatte das Schloss Ende der 90er Jahre von einem Freund der Familie gekauft. Der war sehr alt und bat ihn kurz vor seinem Tod, das Schloss zu erwerben und sich darum zu kümmern. Er tat ihm diesen Gefallen – allerdings war es in einem jämmerlichen Zustand, völlig heruntergekommen.
Klare Arbeitsteilung auf dem Schloss
Valéries Vater wollte, dass sie mit ihrer Familie in das Schloss zog, doch sie wehrte sie sich mit Händen und Füßen dagegen. Nichts weiter als nur Mutter ihrer drei Kinder wollte sie sein – ein so großes Projekt wie das Schloss, nein, darauf hatte sie keine Lust. Riesige Ratten rannten in den Räumen herum, alles musste renoviert und neu gemacht werden. „Es war ein Alptraum“, sagt sie heute. Ihr Vater lachte und sagte zu ihr: „Ich weiß doch, dass Du Dich irgendwann langweilen wirst!“ Da krempelte sie die Ärmel hoch und übernahm zusammen mit ihrem Mann Rémy das Schloss und all die Ländereien drum herum.
Heute stellen die beiden auf Château d’Estoublon Olivenöl und Weine her – beides in Bio-Qualität. Die Arbeitsteilung ist klar: Valérie ist für das Öl zuständig, Rémy für den Wein. „Wir halten das strikt ein, sonst würde die Zusammenarbeit nicht funktionieren“, sagt sie und lacht wieder. Sie ist eine energiegeladene Frau mit langen blonden Haaren. Sie packt in Haus und Hof kräftig mit an – wenn Besucher ins Château kommen, vermuten die oft gar nicht, dass sie gerade vor der Hausherrin stehen. Sie erzählt von ihrer Leidenschaft, mit der sie das Schloss betreibt und das Öl herstellt und dass beide Projekte ohne diese Leidenschaft gar nicht möglich wären – und wer ihr beim Reden zuhört, glaubt das sofort.
Das Beste von allem herausgepickt
Dabei hatte sie, als sie in das Schloss zog, überhaupt keine Ahnung von Olivenöl. Aber sie wusste: Ich will ein fantastisches Produkt machen. Also begann sie, durch Europa zu reisen, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland. Überall traf sie Menschen, die Olivenöl herstellten. Sie führte lange Gespräche, besuchte deren Ländereien und entwickelte so allmählich ihre eigene Vorstellung von dem, was ihr Öl sein sollte. „Ich habe versucht, zu verstehen, wie das in den verschiedenen Ländern gemacht wird. Und alles, was gut war, habe ich mir herausgepickt“, sagt sie.
Denn jede Olive kommt vom dem einen Baum, dem Olivenbaum. Fast 7.000 stehen rund um das Château. Aber was macht Valéries Öl so anders als das ihrer Nachbarn, warum ist es so besonders? „Die Natur hat natürlich einen großen Einfluss, wie der Boden beschaffen ist, wie viel Regen es gibt, dass der Wind Salz vom Meer herüberträgt“, sagt Valérie. Die Oliven schmecken sogar unterschiedlich, je nachdem, wo sie auf dem Gut wachsen. Aber ebenso wichtig ist es, den richtigen Erntezeitpunkt abzupassen. Die Oliven werden dann per Hand gepflückt, damit sie keine Druckstellen bekommen. Und anschließend werden sie ausgepresst – unterschiedlich lang. Wie lange genau, muss Valérie jedes Jahr neu austüfteln.
Die Flakons sehen aus wie Parfumfläschchen
Und die Mühe lohnt sich: Ihre Öle gehören zu den besten in ganz Frankreich, sie sind schon mehrfach ausgezeichnet worden. Sie liegen weich auf der Zunge und entfalten ein sanftes, fruchtiges Aroma. Valérie hat spezielle Flakons dazu designt, die aussehen wie überdimensionale Parfumfläschchen. Ihr Öl in so edlen Flakons, das soll den Tisch schmücken und die Exklusivität unterstreichen.
Aber Valérie genügt das alles nicht: „Gut zu werden ist das eine“, sagt sie. „Gut zu bleiben ist umso schwieriger.“ Und dann fügt sie an: „Ich sage mir immer, dass ich es noch besser kann.“ Vom Wein ihres Mannes hingegen hat sie bis heute keine Ahnung: „Den trinke ich, mehr nicht“, sagt sie und grinst.